Der Vorwurf war auf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (54 Fälle des Verkaufs von Heroin zu je 50 g sowie ein weiterer Fall des Handeltreibens mit 30 g Kokain) gerichtet. Das Amtsgericht Karlsruhe erlies im Jahre 2002 Haftbefehl gegen den Mandanten, wobei er nie in Haft war, da er für die Ermittlungsbehörden unauffindbar war. Wie sich später herausstellte, war behördliches Versagen der Grund hierfür.
Im Jahre 2015 – also 13 Jahre später! – holt den Mandanten die Vergangenheit ein.
Dieser lebt mittlerweile im Norden Londons ein unbescholtenes Leben mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern. Aber auch seine Schwester und drei Brüder leben dort. Dieses Familienglück droht durch die britischen und deutschen Strafverfolgungsbehörden wegen des Haftbefehls aus dem Jahre 2002 zerstört zu werden. Durch einen Zufall gerät der Mandant in das Visier der Ermittler und soll nach Deutschland abgeschoben werden, was ausländerrechtlich zu einer mehrjährigen Sperre der Wiedereinreise / Aufenthalts im Vereinigten Königreich geführt hätte. Die – sehr engagierten und kompetenten – Kollegen aus London kämpfen gegen die Auslieferung nach Deutschland – bis in die letzte Instanz, die droht verloren zu gehen. Ein Strafverteidiger aus Deutschland ist die letzte Hoffnung – deswegen kontaktiert der Kollege Clinton Williamson mich. Die Lage war ernst: es folgten mehrere Telefonate zwischen London und Karlsruhe. Wir alle hatten einen ungeheuren zeitlichen Druck. Ich erhielt die Ermittlungsakte und nach dem ersten Studium war klar: mehrere Ermittlungspannen und widersprüchliche Zeugenaussagen. Das erkannte auch das Landgericht Karlsruhe und hob den Haftbefehl nach 13 Jahren (!) auf meinen Antrag hin auf. Der Mandant durfte in London bleiben und bedankte sich unter Freudentränen bei mir.
Sowohl für die Kollegen aus London als auch mich war dies einer der schönsten Momente als Strafverteidiger und wird uns für ewig in Erinnerung bleiben.